Ausgabe 4. Quartal 2008
Zukunftschancen durch Fachkräftemangel getrübt
Die Auftragsbücher sind voll, dennoch haben viele Chefs Sorgenfalten auf der Stirn. Es fehlt an qualifizierten und motivierten Mitarbeitern, um die Unternehmenschancen voll auszuschöpfen. „Die Ausbildung in Firmen muss professioneller werden“, fordert Doris Weiler*, eine Expertin für Weiterbildung von Führungskräften und Ausbildern. Sie vermisst Effizienz und Qualität und sieht akuten Handlungsbedarf. GewerbeNews sprach mit Frau Weiler.
GWN: Jeder fünfte bricht seine Ausbildung ab. Viele Firmen beklagen sich über „Null Bock“ statt Begeisterung für den Beruf. Ist die schlechte Schulbildung schuld oder sind Auszubildende nicht mehr zu motivieren?
Weiler: Richtig ist, dass die Qualität der Ausbildung in den vergangenen Jahren stark gelitten hat. Viele Betriebe schieben die Schuld für die schlechten Leistungen der mangelhaften Schulbildung zu. Doch das ist zu einseitig. Es gibt weitere Gründe, wie falsche Vorstellung vom Ausbildungsberuf, voll gepackte Ausbildungsordnungen auf hohem Niveau, Defizite der Ausbilder im Umgang mit den Azubis, etc. Es läuft vieles schief.
GWN: Was liegt denn bei der Berufsausbildung konkret im Argen?
Weiler: Jeder zweite Ausbilder fühlt sich gestresst. Häufig fehlt es an Zeit und geeigneten Methoden, die jungen Leute dort abzuholen, wo sie stehen. Inhalte, Lehrmethoden und auch die Art des persönlichen Umgangs sind oft veraltet und treffen auf eine Generation, die dafür keine Antenne hat.
Schlechte Schüler können Toplehrlinge sein, ...
wenn diese kompetent geführt und motiviert werden. Doch Studien belegen oft das Gegenteil. Neben den Defiziten im didaktischen und methodischen Bereich bemängele ich auch die fehlende soziale Kompetenz.
Worte sind wie Steine, man kann Mauern bauen, aber auch Brücken. Und gerade die Brücken sind entscheidend für Motivation und Engagement der Azubis. Viele brauchen eine ermutigende Ansprache, um nicht nach der Schule die Lust am Lernen zu verlieren.
GWN: Was sollte das Unternehmen bzw. der Ausbilder ändern? Ausbildung für Ausbilder
Weiler: Erfolgreiche Unternehmen investieren nicht nur in Auszubildende, sondern auch in die Ausbilder. Diese brauchen Zeit, ihre Aufgaben gut zu erfüllen und natürlich das geeignete Werkzeug für eine professionelle und kompetente Ausbildung. Der berufs- und arbeitspädagogische Nachweis der IHK beinhaltet meist nur die Vermittlung von Fachwissen. Das Didaktische und Methodische der Wissensvermittlung und vor allem die soziale und persönliche Kompetenz bleiben außen vor. Aber gerade diese ist der entscheidende Faktor für den Lehrerfolg. Erfolgsfaktor soziale Kompetenz
GWN: Gibt es für die Weiterbildung der Ausbilder Alternativen?
Weiler: Wichtig ist, dass den Ausbildern geeignete Methoden, Strategien und Werkzeuge zur Verfügung stehen. Daher habe ich die Seminarreihe „Ausbildungs-Coach“ (IHKZertifikat) konzeptioniert, die in Kooperation mit der IHK Saarland angeboten wird. Dem Ausbilder, bzw. allen Personen die mit Ausbildungsaufgaben betraut sind, wird hier das notwendige Rüstzeug an die Hand gegeben. Somit wird die Ausbildung effizienter, nicht nur zur Freude des Inhabers oder Chefs, sondern auch der Ausbilder und der Azubis. Als Feedback höre ich Sätze wie „Es hat sich gelohnt ... ich gewinne die investierte Zeit später mehrfach zurück ....“
GWN: Bieten Sie diese berufsbegleitende Seminarreihe auch als Inhouse-Training an?
Weiler: Ja, hier gibt es zwei Möglichkeiten. Größere Unternehmen buchen diese Seminarreihe nur für ihre Mitarbeiter. Es ist aber auch möglich, dass mehrere Firmen sich zusammenschließen und gemeinsam diese Seminare durchführen.